Page 63 - 50 Jahre Schulverband Probstei
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50 Jahre Schulverband Probstei                                                                                                                                                                              61




          Ausgehend davon haben wir folgendes System entwickelt:
          Um bürokratische Hürden mit  Antragsverfahren, Einkommensnachweisen usw. zu vermeiden, haben
          wir den alten Grundsatz „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ auf den Kopf gestellt und nach dem
          Motto gearbeitet „Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser“. Das entsprach zwar nicht den Regeln der
          reinen Verwaltungslehre, war jedoch, wie die Praxis dann zeigte, gut und effektiv.
          Wir  hatten  und  haben  ein  kompetentes  und  engagiertes  Team  aus  Lehrpersonen  und
          Sozialpädagogen, die in der Offenen Jugendarbeit und in der Schule arbeiten und die die Kinder und
          ihre individuelle Lebenssituation kennen. Dieses Team trifft die Entscheidung, wer Hilfe aus dem Fonds
          erhalten  soll.  Die  in  Betracht  kommenden  Eltern  werden  angeschrieben  und  geben  eine
          Einverständniserklärung ab. Das war's. Am Ende eines Jahres wird vom Betreuungsteam belegt, wie
          viele Essen aus dem Fonds finanziert wurden.

          Für uns war wichtig, dass die Hilfe anonym geschieht. Wenn alle das Essen bezahlen, nur einige nicht
          und das auch noch durch einen Fonds-Gutschein dokumentiert wird, dann besteht die Gefahr der
          Diskriminierung. Deshalb gab es nicht nur einen Gutschein für Bedürftige sondern einen Gutschein für
          alle, der inzwischen längst durch eine elektronische Bildungscard ersetzt ist.
          Im Januar 2008 starteten wir. Es war die erste gemeindliche Einrichtung dieser Art in Schleswig-
          Holstein, die schon bald ein überregionales Medieninteresse fand.
          Es zeigte sich nach einiger Zeit, dass der Bedarf größer war als ursprünglich angenommen und die zur
          Verfügung gestellten Haushaltsmittel   nicht ausreichten. Wir haben deshalb zusätzlich mit Erfolg
          Sponsorengelder eingeworben.


          Es waren damals rund 50 Kinder, die vom Mittagstisch-Fonds unterstützt wurden. Die Jahreskosten
          lagen zwischen 15.000 Euro und 20.000 Euro, wovon etwa die Hälfte von der Gemeinde und die
          andere Hälfte aus Spenden finanziert wurde. Diese Gemeinschaftsfinanzierung von Gemeinde und
          Sponsoren erwies sich auch in den Folgejahren als tragfähiges Fundament für den Mittagstisch-Fonds.


          Nicht  nur  das  Finanzierungsproblem  musste  gelöst  werden.  Es  tauchte  auch  ein  weiteres,
          formalrechtliches Problem auf. Nach den damals einschlägigen Vorschriften bestand die Gefahr, dass
          die Leistungen des Fonds zu Kürzungen beim Sozialgeld führten. In einvernehmlichen Gesprächen mit
          dem Jobcenter konnte auch dieses Problem gelöst werden.
          Eine teilweise Refinanzierungsmöglichkeit für den Fonds ergab sich mit der Einführung des Bildungs-
          und Teilhabepakets der Bundesregierung für Empfänger von Sozialleistungen, das ab 2011 wirksam
          wurde.
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